Fächerkanon

Handarbeit

Waldorfschüler haben von der 1. bis zur 8. Klasse Handarbeitsunterricht, in 10. und 11. Klasse besteht die Möglichkeit, Schneidern als Fach zu wählen. In den ersten vier Klassen lernen die Mädchen und Jungen stricken, häkeln, nähen, sticken. In der Mittelstufe werden die Aufgaben komplexer und neben der reinen Tätigkeit ist vermehrt die Vorstellungskraft gefordert. So werden in der 5. Klasse mit einem Nadelspiel Socken gestrickt – das flächige Stricken wird zum Stricken eines Hohlkörpers – und in der 6. Klasse ein Tier oder eine Puppe genäht. Eine zentrale Rolle spielen hier die Denkleistung, die von der zweidimensionalen Zeichnung zum dreidimensionalen Körper führt sowie der Umstülpungsprozess, der bei der Herstellung erfolgt. Über die 7. Klasse, in der das Nähen von Hand mit unterschiedlichen Materialien noch im Vordergrund steht, werden die Schüler in der 8. Klasse an das Nähen mit der Nähmaschine herangeführt. Auch hier werden die Werkstücke komplexer, von einfachen geraden Nähten z. B. bei Kissenbezügen bis zu Werkstücken wie Kulturbeuteln mit Reißverschluss und der Kostümarbeit für das Klassenspiel am Ende der 8. Klasse. In den Schneiderepochen der 10. und 11. Klasse steht die Herstellung von Kleidung im Vordergrund. Schnittentwicklung und Schnittumsetzung erfordern ein hohes Maß an Vorstellungskraft, logischem Denken und Geschicklichkeit. Indem die Schüler mit den Händen arbeiten, schulen sie ihre Feinmotorik. Sie schulen aber gleichzeitig ihre Konzentrationsfähigkeit, ihre Geduld, ihr Durchhaltevermögen und ihre intellektuelle Wachheit. Je geschickter die Schüler ihre Hände bewegen, umso lebendiger werden ihre Gedanken und umgekehrt. Mit jeder feinen Bewegung der Hände formt sich das Gehirn differenzierter aus und wirkt so unmittelbar auf ihre kognitiven Fähigkeiten. Zentrales Anliegen in der Handarbeit ist es also, indem ich mit den Händen tätig werde, ein im Täglichen brauchbares Werkstück herzustellen, das zugleich künstlerisch gestaltet ist und die Gestaltung idealerweise Rückschlüsse auf die Nutzung zulässt.

Musik

In einer Waldorfschule klingt von morgens bis abends Musik. Neben dem Musikunterricht in allen Klassen begleiten Gesang und Instrumente einen großen Teil des Hauptunterrichts in der Unter- und Mittelstufe. Nachmittags erteilen in den Räumen der Waldorfschulen private Musiklehrer Einzelunterricht. Von der ersten Klasse an erlernen die Kinder in der Klassengemeinschaft ein Instrument – meist Flöte. Viele Schüler ergreifen darüber hinaus frühzeitig ein Orchesterinstrument. So gelingt es häufig, schon in der Unter- oder Mittelstufe ein Klassenorchester aufzubauen. Ab der 6. Klasse werden die Schüler im Rahmen ihres Könnens in das Schulorchester integriert und wachsen bis zu ihrem Schulabschluss immer mehr an dieser Aufgabe.  Ab der 9. Klasse wird die musikalische Erziehung durch das Fach Chor als Wahlpflichtfach ergänzt. Die musikalische Beschallung, die heute in vielen Lebensbereichen zum Alltag gehört, wirkt sich lähmend aus auf das Bedürfnis der Kinder, selbst zu singen. Umso größer ist die Aufmerksamkeit, die Waldorflehrer dem Singen und der Stimmschulung ihrer Schüler widmen. Sie sind bemüht, die Musikalität der Kinder in einer Weise zu wecken und zu fördern, die die jungen Heranwachsenden befähigt, den unterschiedlichen Musikströmungen unserer Zeit mit Verständnis und Unterscheidungsvermögen zu begegnen. Um aus Spiel Kunst werden zu lassen, braucht es Übung. Beim übenden Musizieren und in den Bewegungskünsten lernen junge Menschen, ihre Mitspieler wahrzunehmen, auf sie Rücksicht zu nehmen und gleichzeitig selbst ihr Bestes zu geben. So erwachsen aus der Kunst zugleich soziale Fähigkeiten.

Gartenbau

Von der 6. bis zur 9. Klasse arbeiten die Schüler im schuleigenen Garten mit der Erde und den Pflanzen. Sie führen all die Arbeiten aus, die sich aus dem Jahreskreislauf ergeben, bearbeiten den Boden, kompostieren, säen, pikieren, pflanzen, ernten und verarbeiten die Ernte. Dabei entwickeln sie an der Natur vor allem ihr Beobachtungsvermögen und üben Sorgfalt, Ausdauer und Geduld. Sie lernen lebendige Zusammenhänge denkend zu erkennen und gelangen so allmählich zu einer echten Beziehung zur Natur.

In der 9. Klasse kommen die Schüler in die Oberstufe. Ein neuer Abschnitt beginnt, in dem die Bewusstseinskräfte erwachen. Die eigene Beziehung zur Erde, Pflanze, Tier und Mensch wird nun kritisch hinterfragt und beleuchtet. Es ist wie ein Aufbruch in die „Unabhängigkeit“. Lebens-Zusammenhänge werden neu entdeckt und erlebt und damit bekommt auch das Thema Ernährung eine neue Bedeutung.

Mit dem dreiwöchigen Landwirtschaftspraktikum werden die gewonnenen Erfahrungen des Gartenbau-Unterrichts im „Kleinen“ (Schulgarten) auf eine „größere Dimension“ (Bauernhof) übertragen. Auf ihren Höfen erleben die Schüler nun die reale Arbeitswelt der Landwirte. Wenn möglich, sollten biologisch-dynamisch wirtschaftende Höfe ausgewählt werden, da Sie hier die Naturkreisläufe besonders gut kennenlernen können und verstehen, wie alles miteinander verbunden ist. Die Schüler können in dem für sie neuen Arbeitsalltag ihre eigenen Kräfte entdecken und spüren vielleicht zum ersten Mal auch ihre körperlichen Grenzen. Ausdauer und Durchhaltevermögen wird von den Schülern gefordert und somit der Wille gestärkt. Da sich die Schüler in dieser Zeit in eine ganz neue Familie einfügen müssen und evtl. auftretende Konflikt-Situationen lösen müssen, arbeiten sie an ihrer sozialen Kompetenz. Das alles erfordert großen Mut und Flexibilität, denn vieles ist neu und fremd und will gemeistert werden.

Seit einigen Jahren gehen die Schüler unserer Schule für 3 Wochen einzeln oder zu zweit auf die Höfe. Das hat den Vorteil, dass die Schüler für eine Zeit aus dem Klassenverband herauskommen und sich unabhängig von ihrer Rolle in der Klasse frei bewegen und entwickeln können. Sie brauchen mehr Mut, sich alleine oder zu zweit auf ihre neue Situation einzulassen und sich den Herausforderungen zu stellen. Dadurch werden Selbstvertrauen und Selbständigkeit gestärkt!

Kupfertreiben

Das Fach Kupfertreiben wir ab der 9. Klasse als Pflichtkurs für alle Schüler erteilt. Es wird in Epochen von 6 Wochen, pro Woche 2 Doppelstunden, unterrichtet. Die Klasse ist gedrittelt, das heißt das ca. 13 Schüler in einer Gruppe sind. Es werden die verschiedenen Metalle betrachtet und besprochen. Praktisch gearbeitet wird vorwiegend mit Kupfer, da das Material elastisch genug ist zur Bearbeitung in diesem Alter. Insbesondere wird das Treiben, planieren und Polieren von Kupfergefäßen erlernt. So entstehen kleine Schalen, Kerzenständer, Öllampen, Stövchen, Buchstützen, Armreifen und vieles mehr. Auch werden die Eurythmie-Stäbe für den Eigenbedarf repariert und gereinigt. Auch die Technik des Lötens kann erlernt werden. In der 10. und 11. Klasse wird ein Metall-Aufbau-Kurs klassenübergreifend in einem Tertial (2 Doppelstunden, 12 Wochen) angeboten. Hier können Themen des Kupfertreibens vertieft werden, z. B. wird ein Becher hergestellt. Auch können erste Erfahrungen im Umgang mit Stahl gemacht werden. So lernen die Schüler das das Sägen und Feilen an Projekten wie z. B. einem Messer. Exemplarisch und mit einzelnen Schülern ist auch das Eisenschmieden möglich. Der Kurs wir vorwiegend von Jungs gewählt. Auch wird der Umgang mit Kleinmaschinen wie Winkelschleifer, Bandschleifer und Bohrmaschine erlernt.

Plastizieren

Plastizieren lernen die Schülerinnen und Schüler schon von klein auf. Im Kindergarten wird mit Wachs geknetet. Im Klassenlehrerbereich übt man elementare Formen wie Kugel und Ei. Zu den verschiedenen Epochen werden Themen auch plastisch bearbeitet. So formen die Schüler z. B. einen Löwen in der Tierkunde. Neben dem Formenzeichnen und dem Wasserfarbenmalen ist das Plastizieren das 3. Element. In der Kreativstunde der 5. Klasse wird das Gestalten von Tieren fortgeführt. In der 6. Klasse werden Projekte zur Römischen Geschichte auch teilweise plastisch gelöst. In der 7. Klasse formen die Schüler eine Daumenschale, parallel zu der geschnitzten aus Holz. Ab der 9. Klasse wird Plastizieren als Pflichtkurs für alle Schüler erteilt. Man beginnt mit Platonischen Körpern, geht über die Grundelemente Wölbung-Mulde sowohl über bekannte Formen wie eine Yin-Yang-Form, als auch über freie Formen. In Partner- und Gruppen-Übungen wird das Thema Tiere wieder aufgegriffen. Auch werden figürliche Nachbildungen aus der Ägyptischen Epoche begonnen. Neben den freien Formen wird auch die Aufbaukeramik erlernt. In Klasse 10 und 11 wird Plastizieren als Wahlpflichtkurs angeboten. Das heißt, die Schüler wählen diesen klassenübergreifenden Kurs für jeweils ein Tertial (2 Doppelstunden, 12 Wochen). Das figürliche Gestalten wird vertieft und differenziert. So steht z. B. bei der Nachbildung von Barlach-Figuren die seelische Geste im Vordergrund. Weitere Themen sind: Metamorphose, Reliefgestaltung, Aufbaukeramik. In Klasse 12 wählen die Schüler zwischen Musik, Darstellendem Spiel/Eurythmie und bildender Kunst einen Schwerpunkt. In der bildenden Kunst wird der Mensch thematisiert. Es werden Köpfe in unterschiedlicher Weise plastiziert; kleine Köpfe, Temperament-Studien in Form von Masken und große Köpfe zu den verschiedensten Themen: Völker, Filmschauspieler, Selbstportrait, Kinder, alte Menschen etc.

Malen, Zeichnen und Grafik

Malen, Zeichnen und andere grafische Arbeiten begleiten die Waldorfschüler durch ihre ganze Schulzeit. In der Unterstufe wird der Lehrstoff vorwiegend über das Bild vermittelt, erarbeitet und vertieft. Regelmäßig wird beim Aquarellmalen die Welt durch bildhaftes Gestalten erlebt, Gedanken und Begriffe werden anschaulich und das Erinnerungsvermögen wird gestärkt. Die Schüler lernen den Umgang mit den Farben und ihren unterschiedlichen Qualitäten. Einen wesentlichen Anteil an den Epochenheften machen die zeichnerischen oder malerischen Darstellungen der Schüler aus. In der Mittelstufe folgen das perspektivische Zeichnen und die Schwarz-Weiß-Technik. Hier sind genaues Beobachten und präzises Arbeiten unerlässlich und die Korrektur der Vorstellung erfolgt an den Gegenständen. In der Oberstufe lernen die Schüler verschiedene Mal-, Zeichen- und Drucktechniken kennen und können über die Einwahl in dieses Fach zum Ende der Schulzeit freie Arbeiten entwickeln. Eine Entsprechung der Entwicklung dieser Gestaltungsprozesse findet sich im Fach Kunstbetrachtung, das in den Klassen 9 bis 12 epochal unterrichtet wird. In der 12. Klasse findet eine 10-tägige Kunstfahrt meist nach Florenz und seine Umgebung statt. Hier werden Kunstgeschichte und Kunstbetrachtung verknüpft, bildhaftes Erleben und künstlerisches Gestalten finden in einer schriftlichen Arbeit und einer mündlichen Präsentation ihren Ausdruck. Neben dem gymnasialen Abschluss spielt zum Ende der 13. Klasse der künstlerische Abschluss eine wesentliche Rolle. Die künstlerisch-handwerklichen Fächer finden hier ihren Raum und ihre Wertschätzung neben den kognitiven Fächern.

Künstlerisch-handwerkliche Fächer

„Wenn man weiß, dass unser Intellekt nicht dadurch gebildet wird, dass wir direkt losgehen auf die intellektuelle Bildung (…) dass derjenige, der seine Finger ordentlich zu bewegen weiß auch biegsame Ideen und Gedanken hat (…) dann wird man nicht unterschätzen, was es heißt, den äußeren Menschen mit dem Ziel zu entwickeln, dass aus der ganzen Handhabung des äußeren Menschen der Intellekt als ein Stück hervorgeht.“ R. Steiner Neben den klassischen Unterrichtsfächern haben die handwerklich-künstlerischen Fächer einen hohen Stellenwert in der Waldorfpädagogik und finden in vielfacher Ausprägung ihren Platz im täglichen Lernen. Kunst ist nicht einfach nur ein Fach, das für sich steht, sondern sie durchdringt die ganze Pädagogik. Bei der Arbeit mit unterschiedlichen Materialien wie Holz, Ton, Metall, Wolle, Stoff und Farben erfahren die Schüler, dass sie sich den Bedingungen des Materials anpassen müssen. Ihre Freiheit wird nicht durch die Korrektur der Erwachsenen eingeschränkt, sondern durch den jeweiligen Werkstoff, mit dem sie gerade umgehen. Indem die Heranwachsenden ihren Gestaltungswillen im künstlerischen Prozess üben, schulen sie die Willenskräfte auch für andere Lebensbereiche.

Religion

Die Waldorfschule ist keine Weltanschauungsschule. Sie ist ihrem Wesen nach christlich, konfessionell aber nicht gebunden: Kinder aller Glaubensrichtungen lernen zusammen. Die Eltern bestimmen, welchen Religionsunterricht ihr Kind besucht. In allen Klassen wird evangelischer Religionsunterricht angeboten, nach Möglichkeit auch Religionsunterricht der Christengemeinschaft oder katholischer Religionsunterricht. Die jeweiligen Kirchen sind für ihren Unterricht verantwortlich. Darüber hinaus erteilen Lehrer der Schule den konfessionslosen „freien“ christlichen Religionsunterricht. Feste, die im Jahreskreislauf ihren Ursprung finden und oft auf der Basis eines christlichen Hintergrundes entstanden sind, werden von den Kleinen bis zu den Großen gefeiert und gepflegt. Individuelle Entwicklungsschritte stehen immer auch in einem Zusammenhang mit größeren Rhythmen. Die rhythmische Wiederkehr der Feste im Jahreskreislauf wirkt unterstützend auf die Entwicklung körperlicher, seelischer und geistiger Fähigkeiten. In der sich verändernden Gesellschaft sind diese Feste zwar als Feiertage noch fest verankert, ihre eigentliche Herkunft und Bedeutung ist aber oft verloren gegangen. Indem diese Feste in Schule, Kinderstube und Kindergarten in das Bewusstsein gerückt werden, Feiern wie Michaeli, St. Martin, Advent und Weihnachten mit dem Christgeburtsspiel einen festen Platz haben, werden sie inhaltlich gefüllt und können in ihrer ursprünglichen Bedeutung wahrgenommen werden.

Sport

In den unteren Klassen erleben die Kinder im „Spielturnen“ in der 2. Klasse und dann im Sport ab der 3. Klasse vor allem die Lust an der Bewegung und am freien Spiel. Mehr und mehr dürfen sie ihren Mut und ihre Entschlusskraft erproben, indem sie an Geräten turnen, springen, klettern und hangeln. Wichtige Bewegungsabläufe, die in ihrem oft straff organisierten Alltag keinen Platz mehr finden, können hier spielerisch geübt werden. In der 4. Klasse kommt ergänzend der Schwimmunterricht dazu. In der Mittelstufe geht der spielerische Anteil zurück und es gilt mehr und mehr, Körperbeherrschung und Orientierung im Raum zu entwickeln. In der Zeit, in der die Jugendlichen besonders stark wachsen und ihre Gliedmaßen oft als schwer und ungelenk empfinden, üben sie sich in Leichtathletik und Geräteturnen und arbeiten daran, in Mannschaftsspielen ihre wachsenden Kräfte fair und mit dem Blick auf das soziale Miteinander einzusetzen. Ergänzt wird dieser Bereich durch eine lebendig gestaltete Umgebung mit einem Schulhof, der in den Pausen vielfältige Bewegungsmöglichkeiten bietet.

Fremdsprachen

Vom ersten Schuljahr an werden in der Waldorfschule Englisch und Französisch als Fremdsprachen unterrichtet. In diesem Alter fällt es den Kindern durch ihre Freude an der Nachahmung noch leicht, sich in eine fremde Sprache einzufühlen. Sie erleben die Sprache als reines Lautgeschehen in Tonfolge, Musikalität und Rhythmus, nach Möglichkeit verzichtet der Sprachlehrer auf eine wörtliche Übersetzung. Die Schüler lernen hörend, spielend, sprechend und singend, schulen ihr Ohr für fremde Laute und erlangen meist eine gute Aussprache. Gegen Ende der 3. Klasse entwickelt sich daraus der gezielte Aufbau der Grammatik und des Wortschatzes, dann liegt der Schwerpunkt auf der Sprachstruktur und die Schüler beginnen, in der Fremdsprache zu schreiben. In der Oberstufe werden grammatikalische Strukturen wiederholt und erweitert, der Wortschatz anhand literarischer und journalistischer Texte ausgebaut. Bei der Wahl der Texte greift der Sprachlehrer fast ausschließlich auf Originaltexte ausländischer Autoren zurück. Im Lateinunterricht, der ab der 7. Klasse zusätzlich gewählt werden kann und in dem bisher Grundlagen vermittelt wurden, erlernen die Schüler vertiefend grammatikalische Themen, Übersetzen Texte, erarbeiten mit Hausarbeiten Themen nach bestimmten Gesichtspunkten und bereiten sich auf das Latinum vor. In der Regel wird Englisch als abiturrelevante Fremdsprache als Leistungskurs bzw. als Grundkurs angeboten.

Klassenspiel

Zum Abschluss der Klassenlehrerzeit und somit eine Art dramatischer Höhepunkt der ersten acht Schuljahre, wird ein großes Theaterstück einstudiert und vor großem Publikum zur Aufführung gebracht. Bei der Erarbeitung des Schauspieles bietet sich für die Jugendlichen, die oft in dramatischen Entwicklungsschritten ihre Identität neu suchen die Möglichkeit, in einem geschützten Rahmen ihre eigene Rolle zu finden. Andererseits kann ein solch großes Projekt nur gelingen, wenn jeder Einzelne seine Persönlichkeit in den sozialen Organismus der gewachsenen Klassengemeinschaft einbringt, bestehende Gruppenzusammenhänge verlieren meist an Bedeutung. Dies gilt ebenso für das große Theaterstück, das zum Ende der 12. Klasse aufgeführt wird und bei dem erneut die gesamte Klasse mitwirkt. Die individuellen künstlerischen und handwerklichen Fähigkeiten vieler Schüler können hier zum Gelingen des Ganzen beitragen bei der Gestaltung des Bühnenbildes, der Kostüme und der Maske, der Choreographie und der Musik – Lerninhalte werden noch einmal ganz neu lebendig. Jeder Beitrag, ob groß oder klein, trägt zum Gelingen des Gesamtkunstwerkes bei und dieses bleibt allen Jugendlichen als prägendes und unvergessliches Erlebnis in Erinnerung. 

Darstellendes Spiel

Seit dem Schuljahr 2016/2017 gibt es an der Freien Waldorfschule Marburg für die Jahrgangsstufen 11 bis 13 das Unterrichtsfach Darstellendes Spiel als Ergänzung zu den anderen künstlerisch-musischen Fächern. Ziel des Faches ist es, laut hessischem Kerncurriculum, „theatrale Wahrnehmungs-, Handlungs- und Reflexionsfähigkeit“ zu entwickeln.

Neben dem eigenen theatralen Handeln, das sich vom ersten Experimentieren mit gezielten theaterästhetischen Gestaltungsmitteln über Improvisationstheater und Rollenarbeit bis hin zur Dramaturgie erstreckt, stehen ebenso theoretische Aspekte wie Theatergeschichte, Bühnenformen, und Schauspieltheorien, aber auch analytische Fertigkeiten wie die Analyse einer professionellen Inszenierung im Zentrum des Faches.

Zum Kerncurriculum geht es hier: https://kultusministerium.hessen.de/sites/default/files/media/kcgo-ds.pdf

Eurythmie

Wenn ein Mensch spricht oder singt, bewegen sich sein Kehlkopf und die Luft, in die er hineinspricht oder –singt, nach ganz bestimmten Gesetzmäßigkeiten. In der Eurythmie werden diese Bewegungen, die sich für unser Auge unsichtbar vollziehen, mit dem ganzen Körper sichtbar gemacht. So stellen die Schüler in der Lauteurythmie dar, was in den Lauten lebt, aus denen sich unsere Sprache gebildet hat. In der Toneurythmie stellen sie dar, was in den Tonintervallen lebt, aus denen eine musikalische Komposition aufgebaut ist. Im Unterschied zu gymnastischen, pantomimischen oder tänzerischen Bewegungen, die völlig frei gestaltet werden können, gibt es in der Eurythmie für jeden Laut der Sprache und für jeden Ton eine bestimmte Gebärde. So wie es nicht gleichgültig ist, ob ein Mensch anstatt des Wortes „Topf“ das Wort „Kopf“ verwendet, so ist in der Eurythmie die Gebärde für das „T“ eine andere als die für das „K“. Solange diese Eindeutigkeit nicht außer Acht gelassen wird, ist der Mensch in seiner eurythmischen Gestaltung ebenso frei, wie er die Freiheit hat, ein Wort auf seine eigene Weise auszusprechen. Wenn Jugendliche ein Gedicht oder ein Musikstück eurythmisch interpretieren, entspricht die darin enthaltene Stimmung unter Umständen überhaupt nicht ihrer eigenen Stimmung. Die Heranwachsenden lernen, ihr eigenes Empfinden außer Acht zu lassen und sich einer gegebenen Sache zu stellen. Ohne Bewegung lässt sich kein Wille in die Tat umsetzen. Für Menschen, die verlernt haben, „sich in Bewegung zu setzen“, bleibt das Gewollte im Wünschen stecken. Eurythmie wirkt als ein Ausgleich zu den kränkenden, lähmenden Einflüssen unserer Zeit: an ihr können die Heranwachsenden ihren Willen stärken und sich nicht nur zu wünschenden, sondern zu sinnvoll wollenden und handelnden Menschen entwickeln. Eurythmische Formen werden nicht nur mit dem Körper, sondern auch als geometrische Choreografien im ganzen Raum gebildet. Die Schüler erleben dabei, wie viel Wachsamkeit und Rücksichtnahme aufgebracht werden muss, bis eine Form gemeinsam gelingt: Jeder Schüler nimmt wahr, wie er sich selbst und wie seine Mitschüler sich zum Raum und zueinander in Beziehung setzen. Bei der künstlerischen Aufführung kommt es auf jeden Einzelnen an, aber der Heranwachsende erfährt, dass „Recht haben“ nicht genügt, wenn eine Form in der Gemeinschaft gestaltet werden soll. Eurythmie ist ein wesentlicher Bestandteil der Waldorfpädagogik und wird vom Kindergarten an bis in die höchsten Klassen unterrichtet. In ihrer therapeutischen Form findet die Eurythmie darüber hinaus erfolgreich als Heileurythmie Anwendung. In Zusammenarbeit mit dem Schularzt wird sie im Einzelfall da angeboten, wo sie Schülern helfen kann, körperliche und seelische Hemmnisse zu überwinden.

Werken

In der 6. Klasse beginnt die Arbeit mit Holz im Werkunterricht. Mädchen und Jungen lernen die einzelnen Schritte der Holzbearbeitung kennen und wenden sie bei vielfältigen Werkstücken an. Während sie lernen, die verschiedenen Werkzeuge sicher zu beherrschen, lernen sie auch, ihre Hände sicher zu benutzen und achtsam ihr Geschaffenes zu beurteilen – sie erleben an ihrem Werkstück Ursache und Wirkung. In der 9. Und 10. Klasse erfahren die Schüler beim Schreinern, wie vom Sägen und Spalten eines Baumstammes, über Feilen und Hobeln bis hin zu den Verbindungstechniken des Schreinerns ein Möbelstück entsteht. Von der Vorstellung zum fertigen Werkstück ist neben handwerklichem Geschick Geduld, Ausdauer und Gestaltungswille erforderlich, Fähigkeiten, die in anderen Lebensbereichen unerlässlich sind.

Waldorf Frühstück