Am Montag den 2.12.2024 begann unsere Berlinfahrt mit der Abfahrt des Buses um 7.30 Uhr am Georg-Gaßmann-Stadion. Bei der Berlinfahrt, die für die 11.Klasse vorgesehen ist, handelt es sich in erster Linie um eine Studienfahrt mit einem historisch-politischen Schwerpunkt. Nach mehreren Stunden Fahrt und einem Check-in im Hostel gingen wir zu Fuß zum Jüdischen Museum. Dabei schnupperten wir das erste Mal die Berliner Luft. Im Jüdischen Museum erwartete uns eine interessante Führung durch das Museum, bei der Aspekte wie die Architektur des Museums, das Leben, die Bräuche und die Entwicklung jüdischen Glaubens sowie die Geschichte einzelner geflüchteter Juden und Jüdinnen während der NS-Zeit im Vordergrund standen. Die besondere Architektur des Neubaus des Museums verbindet sich mit den Inhalten der Ausstellung und macht dieses Museum nicht nur zu einem Ort der Wissens- und Informationsvermittlung, sondern zu einer Gedenkstätte und zu einem Mahnmal. Anschließen verbrachten wir den Abend auf dem Weihnachtsmarkt am Potsdamer Platz, in der weihnachtlich verzauberten Stadt oder gemütlich im Hostel mit Billard oder Gesellschaftsspielen.
Der zweite Tag begann mit einer historisch-politischen Stadtrundfahrt, die uns über Orte aus der Zeit der DDR-Diktatur, über Orte der NS-Zeit bis zu historisch und architektonisch relevanten Bauten führte. Auf ein Mittagessen in der Unimensa der Musikhochschule folgte der Besuch im Auswärtigen Amt. Dort bekamen wir die Möglichkeit, uns über die Arbeit im Auswärtigen Amt zu informieren und konnten darüber hinaus viele Fragen rund um die Ämter stellen. Anschließend standen zwei Museumsbesuche zur Wahl: das Pergamon-Panorama oder das Neue Museum. Nach diesem recht strammen Programm ließen wir den Abend auf entspannte Weise ausklingen.
Am Mittwochmorgen besuchten wir den Bundestag und trafen dort den Abgeordneten des Landkreises Maburg-Biedenkopf, Sören Bartol, für ein Gespräch. Dies war für viele ein Highlight, da wir viel über die politische Arbeit eines Abgeordneten hautnah erfahren konnten. Zwei sehr interessante Führungen im Deutschen Dom zur Geschichte der parlamentarischen Demokratie folgten, wobei sich eine Führung schwerpunktmäßig mit der Demokratieentwicklung der Weimarer Republik beschäftigte, während die andere Themen der DDR in Kontrast zur parlamentarischen Demokratie behandelte. Nach einem erneuten Mittagessen in der Unimensa, besuchten wir den Bundesrat. An eine kurze Einführung in die Arbeit des Bundesrats und des Gesetzgebungsverfahrens schloss sich dann ein Planspiel an, bei welchem wir selber ein Gesetzgebungsverfahren nachspielen konnten. Es hat uns viel Spaß bereitet, da wir uns gut in die Rolle der Politiker und Politikerinnen versetzen konnten. Für viele brachte diese praktische Erfahrung mit sich, dass das System besser verstanden wurde und durch dieses Erlebnis ist nun das Gesetzgebungs-verfahren und der Bundesrat mit dieser Erinnerung verbunden und verankert.
Um 19:00 Uhr war dann noch eine Führung im Kanzleramt vorgesehen. Nach einer sehr strengen Sicherheitskontrolle wurden wir im Kanzleramt herumgeführt, stets begleitet von der Bundespolizei, die aufpasste, dass alle Regeln eingehalten wurden und auch zum Schutz von Olaf Scholz, da wir uns nur eine Etage unter seinem Büro aufhielten. Wir konnten das Kabinett besuchen, wo der Bundeskanzler mit seinen Ministern und Ministerinnen an diesem Morgen noch Beratungen abgehalten hatte. Es war für uns alle sehr spannend, so nah an der Arbeit der Politiker und Politikerinnen zu sein, wodurch die oft weit weg und abstrakt erscheinenden Politiker greifbarer und nahbarer wurden. Nach diesem durchaus sehr interessantem, aber doch anstrengendem Tag waren wir froh, am Abend in unserem Hostel angekommen zu sein.
Am Donnerstag stand zuerst ein Besuch in der neuen Nationalgalerie an, bei der wir die Möglichkeit bekamen, Moderne Kunst zu entdecken. Dieser Besuch sorgte für geteilte Meinungen, denn während einige hinterfragten, ob beispielsweise eine Zitrone und eine Glühbirne angeordnet in einem Schaukasten wirklich Kunst sei, konnten andere dieser Art von Kunst neue Perspektiven abgewinnen.
Darauf folgte ein Mittagessen im Bundestags-Restaurant, nach welchem wir einer Plenarsitzung des Bundestags beiwohnen konnten. Während unseres Besuchs wurde über das Thema Migrationspolitik diskutiert und über zwei Anträge der AfD. Diese beinhalteten unter anderem die Forderung an die Bundesregierung, die Grenzen sicherer zu machen und diese gegebenenfalls durch Grenzzäune abzuriegeln. Wir hatten die Gelegenheit mitzuerleben, wie verschiedene Politiker und Politikerinnen aus den Parteien der SPD, der CDU, der Grünen, der Linken und der FDP sich alle im Großen und Ganzen gegen die Anträge der AfD aussprachen und hitzig diskutierten und verbal gegeneinander schossen. Es war auch auffallend zu beobachten, dass viele Sitze im Bundestag nicht besetzt waren und viele Politiker und Politikerinnen während der Reden von anderen Parteien gespielt desinteressiert wirkten oder sogar aufs Handy schauten. Direkt im Anschluss hatten wir eine mit Audio-Guide geführte Tour durch die Reichstagskuppel. Wir hatten einen wundervollen Ausblick auf Berlin und erfuhren interessante Fakten über die Stadt und bestimmte Gebäude. Den restlichen Nachmittag konnten wir in kleinen Gruppen durch die Stadt ziehen und verschiedene Orte auf eigene Faust entdecken.
Am letzten Tag stand dann noch die Besichtigung des ehemaligen Stasi-Gefängnisses Hohenschönhausen an. Heute dient das Gefängnis als Gedenkstätte an alle politischen Gefangenen in der Zeit der DDR. Wir bekamen, aufgeteilt in zwei Gruppen, jeweils eine Führung durch das Stasi-Gefängnis, bei der wir sowohl die original erhaltenen Zellen besichtigten als auch Verhörräume. Dieser Besuch war sehr aufwühlend und erschreckend, aber auch informativ und interessant. Wir haben viel über diesen schrecklichen Ort gelernt und es war sehr eindrücklich und einschüchternd, in den Mauern eines Gefängnisses zu stehen, in dem vielen Menschen so großes Leid zugefügt worden ist. Dieser Besuch, aber auch die Besichtigungen der unterschiedlichen Gedenkstätten, Museen und politischen Einrichtungen während der Woche, lässt hoffen, dass sich eine so schreckliche Diktatur in Deutschland niemals wieder wird durchsetzen und etablieren kann.
Die sehr spannende und lehrreiche Klassenfahrt endete mit der Ankunft am Freitagabend in Marburg. Wir sind unseren begleitenden Lehrerinnen und Lehrern, allen voran Herr Vogt (PoWi-Lehrer) sehr dankbar für die Organisation der Fahrt!
Sarah Winzenburg (Bilder und Text)